Misstrauensvotum der Westschweizer Tamedia-Redaktionen gegen Bereichsleiter

Die Umstrukturierungen, die Tamedia den Westschweizer Titeln verpasst, rufen weiterhin die Wut und die Sorgen der Mitarbeitenden von Tribune de Genève, 24 heures, Matin Dimanche, Matin Semaine und Femina hervor. Sie haben festgestellt, dass der Direktor in der Unternehmensleitung für sie zuständige Bereichsleiter, Herr Serge Reymond, keine ihrer Forderungen erhört und ernst genommen hat. Deshalb haben die Personalvertretungen dieser Zeitungen und Zeitschriften in einer internen Abstimmung über einen Misstrauensantrag ihm gegenüber abgestimmt.

Das Misstrauensvotum ist massiv ausgefallen.

Eine Delegation der Zeitungstitel begibt sich am Freitag, 22. Dezember an den Hauptsitz von Tamedia nach Zürich, um der Leitung des Konzerns die Gründe dieses Resultats zu erläutern. Sie fordert die Herren Supino und Tonini ebenfalls zur Eröffnung von Verhandlungen auf.

Das Resultat, das in geheimer Urnen-Abstimmung zustanden gekommen ist, hat tatsächlich die allgemeine und von allen Redaktionen gleichermassen geteilte Unzufriedenheit zu Tage gefördert. Mehr als 91% der 198 Stimmenden haben für das Misstrauensvotum gestimmt und damit gezeigt, dass sie sich nicht irreführen lassen: die Diskussionen zwischen den vermeintlichen Sozialpartnern, die Informations- und Austauschsitzungen, die Serge Reymond bis anhin mit ihnen durchführte, hatten kein anderes Ziel, als Zeit zu gewinnen, um die Entscheide von Tamedia umzusetzen, ohne tatsächliche Konzessionen oder Infragestellungen.

Dabei stellen die von Tamedia gefällten Entscheide für die Suisse romande eine Umwälzung der Medienlandschaft dar. Dies auf verschiedenen Ebenen:

Erste Ebene

Ab Januar 2018, werden die Themenressorts Ausland, Schweiz, Wirtschaft und Sport von Le Matin Dimanche, 24 heures und Tribune de Genève in eine Einheitsredaktion zusammen geschmolzen : die Redaktion T. Der analoge Vorgang wie in der Deutschschweiz.
Die Redaktion T wird nicht eine simple Content-Produktion im Dienste der drei Titel sein. Deren Chefredaktion wird hierarchisch über den Chefredaktionen der drei Zeitungen stehen.

Man zerschlägt diese, indem man ihnen die Leitung über einen grossen Teil ihrer Substanz entzieht. Darunter wird die Identität dieser Zeitungen leiden. Darüber hinaus werden sie nicht mehr in publizistischer Konkurrenz stehen. Für die Tribune de Genève ist der Nachteil noch verdoppelt, da die vier Ressorts den Kanton Genf verlassen werden, weil die JournalistInnen künftig in Lausanne arbeiten müssen.

Für sich genommen wird die Umstrukturierung keine Einsparungen bringen. Dies, weil die gleiche Anzahl an Mitarbeitenden die gleiche Anzahl Artikel herstellen muss. Hingegen wird es Tamedia ermöglichen, einige Zeit weiter beim Personalbestand Einschnitte vorzunehmen, ohne das tägliche Funktionieren der Ressorts zu gefährden. Die Umstrukturierung wird schnell weiter gehen, indem die Produktion, die Bildredaktion, das Korrektorat und die Infografik ebenfalls zentralisiert werden. Mit ständiger Fortsetzung.

Zweite Ebene

Noch schlimmer, weil definitiv, ist die Existenz der Printausgabe von Le Matin Semaine gefährdet. Nachdem Tamedia kürzlich die Redaktionen von Matin Semaine et 20 minutes fusioniert hat, versteckt der Konzern nicht mehr, dass er darüber nachdenkt, die gedruckte Ausgabe seines populären Bezahltitels einzustellen. Die einzige noch offene Frage ist, wann die Einstellung kommt, noch im 2018? Oder 2019?

Ebenfalls auf dem Abschuss liegt die Zukunft des Mazains Femina. Dem Magazin wurden bereits mehrere Umstrukturierungen verpasst, das Personal befürchtet, dass der Verlag ihm keine Zukunft mehr gibt.

Angesichts dieser aufziehenden Stürme sind die Westschweizer Beschäftigen von Tamedia nicht inaktiv geblieben. Sie haben ständig versucht, ein Umdenken in Gang zu setzen. Am Vormittag des Freitag, 15. Dezember wurde eine Aktion organisiert mit einer Kundgebung in Lausanne. Bei dieser Gelegenheit wurden die von allen Redaktionen getragenen Forderungen gegenüber Herrn Serge Reymond geäussert, in mündlicher und in schriftlicher Form.

Es sind dies:

1) Die Beibehaltung der Print-Ausgabe von Le Matin Semaine

2) Ein Kündigungsmoratorium von zwei Jahren für Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen

3) Eine Senkung der Rentabilitätsvorgaben von Tamedia gegenüber den Print-Titeln

4) Die Eröffnung von Verhandlungen über die Reorganisation der Arbeit im Zusammenhang mit der laufenden Umstrukturierung.

Herr Reymond wurde dabei gebeten, bis 19. Dezember mittags zu antworten. Er hat dies insofern gemacht, als er einigen Journalisten eine einfache Sitzung am Freitag, 22. Dezember angeboten hat, bei der sie ihm alle Fragen stellen könnten. Dieses Mail wird einhellig als Nichteintreten auf die Forderungen interpretiert. Wir kommen zum Schluss, dass mit unserem Direktor keine Diskussion mehr möglich ist und haben deshalb die Abstimmung über das Misstrauensvotum durchgeführt.

Ab jetzt verlangen wir, mit Herrn Pietro Supino, Präsident des Verwaltungsrats von Tamedia und Herrn Christoph Tonini, CEO von Tamedia reden und verhandeln zu können. Dies wird schriftlich eingefordert, aber auch durch eine Delegation der betroffenen Titel übergeben, die sich am Freitag, 22. Dezember nach Zürich an den Hauptsitz von Tamedia begibt.

 

Quelle: impressum
Bildquelle: impressum

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