Proteste gegen Tamedia: Journalisten wehren sich in Genf und Lausanne

Am 12. September 2024 protestierten in Genf und Lausanne zwischen 11 und 12 Uhr rund 180 Personen gegen die Restrukturierungspläne von Tamedia. Sie folgten dem Aufruf der Redaktionen der Westschweizer Titel, die von den Sparmassnahmen und Entlassungen betroffen sind (Tribune de Genève, 24h, Femina, Le Matin Dimanche, Cellule digitale, Services éditoriaux de Tamedia TES) und legten mit Unterstützung von impressum, dem Berufsverband der Schweizer Journalistinnen und Journalisten, sowie syndicom, der Gewerkschaft für Medien und Kommunikation, die Arbeit nieder.

Am 27. August hatte Tamedia angekündigt, dass voraussichtlich 90 Medienschaffende ihre Stelle verlieren sollen, wobei die Westschweiz wahrscheinlich stark betroffen sein wird. Somit werden zusammen mit den Kürzungen aus dem Jahr 2023 in den Redaktionen des Konzerns innerhalb von zwei Jahren insgesamt rund 170 Stellen aus dem Kreis der Medienschaffenden abgebaut.

Zwei von drei Druckereien sollen ihre Tore schliessen, wodurch 200 Beschäftigte in der Druckerei ihren Arbeitsplatz verlieren. Die Strategie von Tamedia wirkt mehr wie ein Zerschlagungsplan als eine zukunftsweisende Unternehmensvision. Zudem gefährdet sie immer stärker das reibungslose Funktionieren der Redaktionen. Dies und zahlreiche weitere Anliegen prangerten die Journalistinnen und Journalisten der Redaktionen von Tamedia sowie ihre Kolleginnen und Kollegen, die zur Unterstützung gekommen waren, vor der Tour Edipresse in Lausanne und vor den Büros der Tribune de Genève mit vehementem Einsatz an.


Urs Thalmann und Caroline Gebhard in Lausanne zur Unterstützung der Westschweizer Redaktionen von Tamedia – Athénaïs Python

In Genf versammelten sich rund 80 Personen vor den Büros der prominenten Genfer Tageszeitung Tribune de Genève. Séverine Chave, Präsidentin der Genfer Sektion von impressum AGJ sagte dazu: „Die Reaktionen aus Politik und Zivilgesellschaft in Genf haben die starke Verbundenheit der Region mit ihrem renommierten Titel deutlich gemacht. Zudem zeigten sie bereits Wirkung: Noch nie zuvor war Frau Peppel-Schulz so oft in der Westschweiz anzutreffen wie in den letzten zwei Wochen. In diesen schwierigen Zeiten müssen wir Medienschaffenden zusammenhalten und über die Grenzen unserer Redaktionen hinausgehen, um zusammen neue Konzepte und vielleicht gar neue Titel zu entwickeln. Die Rolle der AGJ besteht darin, einen Rahmen für diese Diskussionen zu schaffen.“

In Lausanne nahmen 100 Personen an der Aktion teil. Mit dabei waren zahlreiche Medienschaffende, die es beinahe gewohnt sind, im September auf dem Pflaster vor der Tour Edipresse zu demonstrieren. Alberto Tikulin, Präsident der Waadtländer Sektion von impressum, hinterfragte die Strategie der Tamedia-Geschäftsleitung für ihre Westschweizer Titel. Er befürchtete, dass die Strategie darauf hinauslaufen könnte, „die Anzahl der Medienschaffenden auf ein Minimum zu reduzieren, um anschliessend die Titel mit der Begründung zu schliessen, dass sie alle gleich aussehen.»

Die Mitglieder des Grossen Rat des Kanton Waadt trafen sich gestern mit den Personalvertretern von Tamedia, um die Dringlichkeit der Situation zu verstehen. Heute Morgen war unter anderem Isabelle Moret, Waadtländer Regierungsrätin, vor Ort anwesend, um ihre Unterstützung zu zeigen.

Forderungen von impressum an Tamedia

impressum fordert ein Moratorium für die Entlassungen bei Tamedia. Für den Berufsverband, der fast 3’500 Journalisten vereint, wird der mit Médias Suisses unterzeichnete Gesamtarbeitsvertrag, insbesondere Artikel 7 Buchstabe a, nicht eingehalten, da das Personal nicht in die Vorabüberlegungen zu dieser „radikalen“ Strategie, wie sie von der Geschäftsleitung genannt wird, einbezogen wurde.

Um die Sozialpartnerschaft zu wahren, muss Tamedia die angekündigten Massnahmen aussetzen und die Planung der Restrukturierung unter Einbezug des Personals neu aufnehmen. Nur mithilfe der aktiven Mitwirkung des Personals kann den realen Umständen in den Redaktionen Rechnung getragen werden.

impressum fordert erneut Transparenz gegenüber dem Personal, um einen gesunden und reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. Tamedia’s ständig wechselnde Strategien führen zu Chaos und Erschöpfung der Mitarbeitenden und gefährden die Qualität und Vielfalt der Presse.

Caroline Gebhard, Co-Präsidentin von impressum, kritisiert, dass Tamedia seine Zeitungen auf blosse Konsumgüter reduziert. „Es wäre einfach, nur Inhalte zu veröffentlichen, die Klicks bringen, da wir dies gut verfolgen können. Aber für uns Journalistinnen und Journalisten wäre das, als würden wir unsere Seele verkaufen“, sagt sie. „Wir haben uns für diesen Beruf entschieden, um dem Gemeinwohl zu dienen. In den Redaktionen, wo unsere Medien geschaffen werden, wird das nicht vergessen. Doch wir wollen endlich in den oberen Etagen gehört werden.“

 

Quelle: impressum
Bildquelle: impressum

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